Zum ersten Mal fällt die drittgrößte Website der Welt für mehrere Stunden aus. Ein Weckruf. Für die Server von Facebook gibt es bislang keinen TÜV.

Am 04.10.2021 um 18.22 Uhr deutscher Zeit meldete Facebook beim Konkurrenten Twitter, „einige Menschen“ hätten derzeit Probleme, auf die Dienste des Konzerns zuzugreifen. Einige? Facebook, Whatsapp, Instagram, Facebook Messenger und der Virtual-Reality-Dienst Oculus gingen am Montagabend offline. Weltweit. Für mehrere Milliarden Nutzer.

Nach der kurzen Twitter-Nachricht gab es von Facebook zunächst keine weitere Stellungnahme. Auf Anfrage von CNN wollte sich deren Sprecher nicht äußern. Die „New York Times“ zitierte zwei Mitarbeiter anonym, es habe sich vermutlich nicht um eine Cyberattacke gehandelt. Doch offiziell herrschte bei Facebook zunächst großes Schweigen.

Ein Unding

Der Konzern überließ die Interpretation der Ereignisse den externen Experten. Seine Nutzer ließ Facebook stundenlang im Unklaren. Ein Unding für ein Unternehmen, auf dessen Website normalerweise im Sekundentakt Hunderttausende von Nachrichten durchlaufen.

Von außen sah es so aus, als hätte ein internes Netzwerkproblem das so genannte Border Gateway Protocol (BGP) außer Gefecht gesetzt. Die Adresse „facebook.com“ konnte deshalb im Internet nicht mehr gefunden werden. Doug Madory von der Netzwerk-Monitoring-Firma Kentik sagte der Washington Post, er habe noch nie gesehen, dass so ein großes Unternehmen so lange offline gehe.

Erst Stunden später dann eine Erklärung von einem hochrangigen Angestellten: Facebook habe eine „fehlerhafte Neukonfiguration“ an seinen Rechnern vorgenommen, die für den Datenverkehr zwischen den Rechenzentren verantwortlich seien.

Es ist ein Weckruf

Es ist, als hätte jemand im strahlenden Internet das Licht heruntergedimmt. Facebook ist nach Google und Youtube die drittgrößte Website weltweit. Der Konzern betreibt eine globale Infrastruktur. Durch den Zukauf von Instagram und Whatsapp ist diese noch größer geworden. Dass eine solch großer Dienst überhaupt von einer so massiven und lang anhaltenden Störung betroffen sein könnte, hätten Experten bislang kaum für möglich gehalten.

Der Konzern betreibt eine Infrastruktur, die für viele Menschen und Unternehmen so wichtig ist wie das Telefon. Zugleich sind die Rechenzentren der Großkonzerne so komplex aufgebaut, dass Ereignisse wie das vom Montagabend in Zukunft voraussichtlich noch viel häufiger auftreten werden.

Vorgaben für die Betriebssicherheit gibt es für Facebook, Youtube oder Twitter keine. Das ist ungefähr so, als würde man ein Auto bauen, aber der TÜV ist nicht zuständig. Es wird dringend Zeit, das zu ändern. Die IT-Sicherheit solcher Unternehmen braucht strenge Vorgaben. Weltweit.

Facebook ist wieder online – das war die Ursache

Eine solch große Panne ist selten: Facebook, Instagram und WhatsApp sind am Montagabend weltweit stundenlang nicht erreichbar gewesen. Für den Ausfall war Facebook nach eigenen Angaben selbst verantwortlich. Die Aktie des Unternehmens brach am Abend zunächst ein, schloss dann mit einem Minus von knapp fünf Prozent (zum aktuellen Kurs). Nach sechs Stunden schien Facebook die Störung dann in den Griff bekommen zu haben. Kurz vor Mitternacht deutscher Zeit berichteten immer mehr Nutzer, dass die Dienste des weltgrößten Online-Netzwerks für sie wieder funktionierten.

Facebook habe eine „fehlerhafte Neukonfiguration“ an seinen Rechnern vorgenommen, die für den Datenverkehr zwischen den Rechenzentren verantwortlich seien, teilte der Vize-Präsident für Infrastruktur, Santosh Janardhan, am Montagabend mit. Die Unterbrechung des Datenverkehrs habe „kaskadenartige Auswirkungen auf die Kommunikation zwischen unseren Rechenzentren gehabt und unsere Dienste zum Stillstand gebracht“.

Auch die internen Systeme seien von dem Ausfall betroffen gewesen, was die Diagnose und die Lösung des Problems erschwert habe, erklärte Facebook weiter.

Facebook-Chef Zuckerberg entschuldigt sich

Das technische Team von Facebook entschuldigte sich, als die Dienste wieder online gingen. „An die riesige Gemeinschaft von Menschen und Unternehmen auf der ganzen Welt, die sich auf uns verlassen: Es tut uns leid“, twitterte Facebook. „Wir haben hart daran gearbeitet, den Zugang zu unseren Apps und Diensten wiederherzustellen und freuen uns, dass sie jetzt wieder online sind. Danke, dass ihr uns unterstützt habt.“ Auch Gründer und Chef Mark Zuckerberg schrieb in einem kurzen Post, dass es ihm leidtue. „Ich weiß, wie sehr ihr euch auf unsere Dienste verlasst, um mit den Menschen in Kontakt zu bleiben, die euch wichtig sind“, lautete es.

Zuvor hatte die „New York Times“ berichtet, Facebook habe zwischenzeitlich sogar ein Mitarbeiter-Team für einen „manuellen Reset“ der Server in sein Rechenzentrum im kalifornischen Santa Clara schicken müssen, um die Störung zu beheben.

Viele Spekulationen über die Ursache

Sicherheitsexperten sagten schon am Abend, der zeitweilige Ausfall könne das Ergebnis eines internen Fehlers sein. „Facebook hat seine Schlüssel im Auto eingeschlossen“, twitterte Experte Jonathan Zittrain, Direktor des Berkman Klein Centers für Internet und Gesellschaft in Harvard. Facebook selbst sprach zunächst lediglich von „Netzwerkproblemen“.

Die Website Downdetector erklärte, bei ihr seien 10,6 Millionen Fehlermeldungen eingegangen, die aus den USA und Europa sowie Ländern wie Kolumbien und Singapur gekommen seien. Die ersten Fehlermeldungen wurden demnach gegen 17.45 Uhr deutscher Zeit registriert.

Zwei namentlich nicht genannte IT-Sicherheitsexperten von Facebook sagten der „New York Times“, eine Cyberattacke als Auslöser der Probleme erscheine unwahrscheinlich. Denn die Technologie hinter den einzelnen Apps des Konzerns sei zu unterschiedlich, um sie mit einer Cyberattacke alle gleichzeitig offline zu bringen.

Die Störung wird zum Trend

Beim Kurznachrichtendienst Twitter wurde das Thema schnell zum Trend. Unter den Hashtags #facebookdown, #whatsappdown und #instadown teilten zahlreiche Nutzer aus aller Welt ihre Erfahrungen und machten sich über den Ausfall lustig. Die Webpage von Facebook etwa war am Montagabend nicht zu erreichen. Instagram zeigte seinen Nutzern nicht mehr aktuelle Bilder an. Bei WhatsApp blieben neue Nachrichten sowohl in der App als auch in der Browser-Anwendung hängen.

In Deutschland kam es zudem zu massiven Störungen bei den großen Telekommunikationskonzernen Telekom, Vodafone, O2 und 1&1 – und zwar ungefähr zur gleichen Zeit am Montagabend. Laut „Allestörungen.de“ lagen am späten Abend allein für den Telefonriesen Vodafone schon bis zu 12.000 Störungsmeldungen vor. Bei der Telekom meldete knapp ein Fünftel sogar einen „totalen Blackout“.

Auf den Störungsplattformen meldeten Nutzer zum Teil Probleme auch mit anderen Onlinediensten, die sich jedoch zunächst nicht weiträumig bestätigten. So liefen beim großen Web-Dienstleister AWS von Amazon, auf den viele Start-ups und große Unternehmen zurückgreifen, laut der Statusseite alle Angebote normal.

Die Facebook-Aktie schloss mit einem Minus von knapp fünf Prozent. Auch danach war das Unternehmen an der Börse immer noch rund 920 Milliarden Dollar wert. Nachdem die Störung behoben war, legte der Kurs im nachbörslichen Handel zeitweise um 0,55 Prozent zu. Am Nachmittag war die Aktie zunächst bei einem Kurs von knapp 293 Euro in den Handel gestartet. Sie gab schon nach, ehe der technische Ausfall in Deutschland zu bemerken war, nachdem die Identität einer Whistleblowerin aus dem Konzern bekannt wurde.

Wie der amerikanische Nachrichtensender NBC News berichtete, kamen Facebook-Mitarbeiter zunächst auch nicht mehr in ihre Büroräume. Offenbar hatte die Störung auch die internen Systeme der Firma lahmgelegt. Der New-York-Times-Reporter Ryan Mac schrieb auf Twitter, dass Facebooks interne Tools und Kommunikationsplattformen ebenfalls von der Störung betroffen seien. Für Aufregung sorgten auch Berichte, wonach die Facebook-Domain derzeit zum Verkauf stehe. Die Umstände dessen sind bislang unklar.

Blamable Krönung ohnehin schlechter Wochen

Für Facebook, das gerade in den USA unter verstärktem politischen Druck steht, war ein mehrstündiger Ausfall eine blamable Krönung ohnehin schlechter Wochen. Erst am Sonntag hatte eine ehemalige Mitarbeiterin sich als Whistleblowerin zu erkennen gegeben und warf dem Online-Netzwerk vor, Profit über das Wohl der Nutzer zu stellen. Am Dienstag sollte sie im US-Senat befragt werden. Twitter war entsprechend voller Scherze darüber, wie das Verschwinden von Facebook alles auf einen Schlag besser gemacht habe, bis hin zum Weltfrieden.

Bei Facebook hatte es erst im Frühjahr 2019 einen großflächigen Ausfall gegeben, der dem Konzern zufolge auf einen Fehler bei der Server-Konfiguration zurückging. Die Störung vom Montag war jedoch in Ausmaß und Dauer außergewöhnlich.

WhatsApp gehört genau wie Instagram seit mehreren Jahren zu Facebook. Der Digitalkonzern hat die beiden sozialen Netzwerke in der Folge des Kaufs in seine bestehende Infrastruktur integriert.

Gut das es Alternativen gibt. Wer Telegram, Signal, Twitter, Teleguard oder Threema hat kann ausweichen, wenn es zu solchen Problemen kommt.

 

Quelle: T-Online